Teil 3: Einkaufstour zu den Abwrackwerften von Alang (Indien) Fabriklampen, Schubladenschränke, einfach ALLES von alten Schiffen.

yesterday-industries • 24. Juli 2022

Im Umfeld der Abwrackwerften bei Alang treffen wir immer wieder auf mächtige Schubladenschränke aus Holz oder Metall. Auch auf Plot 8  im "Vibrant Industrial Park Bhavnagar" sind solche Möbel zu finden.

zwei große gaugrüne Schubladenschränke auf einem Lagerplatz bei den Abwrackwerften von Alang.

Die graugrüne Färbung der Schränke legt nahe, dass sie militärischen Ursprungs sind. Wir wissen, dass hier von Zeit zu Zeit auch Armee-Schiffe, ja sogar Flugzeugträger abgewrackt werden. Daher ist es möglich, dass sie von einem solchen Schiff stammen.

Zwei Schubladenschränke aus Metall bei der Abwrackwerft von Alang Indien

Sie sind so hoch, dass die oberen Schubladen eigentlich nur mit einer Leiter erreichbar sind.

Aus näherer Betrachtung seiner Markungen erschließt sich, die Schubladenschränke sind US- amerikanischen Ursprungs.

Schubladenfronten aus Metall im Umfeld der Abwrackwerften bei Alang Indien

Hinter den Riesen aus Metall kommt ein buntes Chaos zum Vorschein.

Ein Lagerplatz mit alten Möbeln im Umfeld der Abwrackwerften von Alang.

Zunächst erstrecken sich zwei Reihen alter Möbel, augenscheinlich mit eher traditionellen Eigenheiten.

zwei Reihen alter Möbel im Umfeld der Abwrackwerften bei Alang

Viele der Möbel haben einen weltläufigen Charakter, ihre Gestaltung scheint kolonial inspiriert.

antike Tische und Schränke bei der Abwrackwerft von Alang

Wir staunen: sogar eine kleiner Zug lässt sich hier erwerben.

kleine alte Eisenbahn bei den Abwrackwerften von Alang

In der alten Eisenbahn liegt eine antike Reisetruhe aus Metall.

antiker Koffer aus Metall in einer alten Eisenbahn bei der Abwrackwerft von Alang Indien

Hinter der Trambahn sind weitere Koffer aus Metall aufgestapelt.

Viele sind detailreich gestaltet und mit ihren dezenten Verzierungen wahre Klassiker alter Reisekultur.

Alte Reisekoffer bei der Abwrackwerft von Alang in Indien

Immer wieder finden sich Spuren aus Deutschland.

Schiffsmakrofon bei der Abwrackwerft von Alang

Dieses Schiffs- Makrofon der Marke "Zöllner" aus Kiel ist bis in das weit entfernte Hinterland von Alang gelangt.

Schiffsmakrofon aus Kiel bei der Abwrackwerft von Alang
Signalhorn von einem Schiff aus den Abwrackwerften bei Alang

Dieser antike Schubladenschrank ist ungewöhnlich, aber ob es (zumindest nach ökonomischen Gesichtspunkten) noch sinnvoll ist, ihn zu restaurieren, scheint fraglich.

roter antiker Schubladenschrank aus Holz in den Abwrackwerften bei Alang

Die Fülle prächtiger alter Möbel beeindruckt uns.

Auch das hatten wir nicht im Umfeld der Abwrackwerften von Alang erwartet: eine größere Anzahl uriger alter Schulbänke.

alte Schulbänke aus Teakholz bei den Abwrackwerften von Alang

Sie sind aus dickem Teakholz und im Grunde noch verwendbar.

Hohen Sitzkomfort bieten sie nicht, aber das schwere, wertige Holz macht sie langlebig und belastbar.

antike Schulbank aus Teakholz bei der Abwrackwerft von Alang

Und schließlich: eine Anzahl alter Schreibtische. Aus ihrer reduzierten Stilistik ergeben sich attraktive, zeitlose Möbelstücke.

antike Schreibtische auf einem Lagerplatz bei der Abwrackwerft von Alang

Wir verlassen den Lagerplatz mit den alten Möbeln, um das Gebiet weiter zu erkunden, passieren zahlreiche Gewerbehöfe, auf denen Schiffsschrott verarbeitet wird.

Häufig sind Betten (eher Liegen) zu sehen (hier rechts im Bild).

Nachts schlafen darauf Menschen.

Es sind die Arbeiter der Abwrackbetriebe, die hier teilweise buchstäblich neben ihrer Arbeit nächtigen.

Bett eines Arbeites der Abwrackwerften von Alang neben einem großen Berg Schrott

Viele von ihnen sind Wanderarbeiter, die aus ärmeren Regionen Indiens in die Gegend von Alang kommen, um hier einen vergleichsweise hohen Lohn zu verdienen.

Laut, schmutzig und schutzlos erscheinen uns diese Schlafplätze.

Wir erfahren, dass es verschiedene Gründe gibt, warum Menschen direkt neben ihrem Arbeitsplatz nächtigen.

Einige nutzen die Ersparnis von Wohnkosten, um einen höheren Betrag Geldes an ihre Familien in die Heimat zu senden.

Anderen dient die Liege als "Zweitbett", sie haben eigentlich einen komfortableren Schlafplatz in einer Sammelunterkunft, wieder Andere sind aus Not gezwungen, an der Straße zu schlafen.

Bei uns entsteht ein widersprüchliches Bild über diesen Umstand, den wir auch durch näheres Fragen nicht richtig verstehen.

zwei Steuersitze aus einem RoRo-Frachter bei den Abwrackwerften von Alang.

Hier im Bild, zwei Steuersitze eines Schiffes.

Wir bekommen erläutert, dass sie als "Pilotensitze" (Marine Pilot Seat) bezeichnet werden und von der Kommandobrücke eines RoRo-Frachters stammen.

Drehbänke mit Werkstattlampen von Midgard bei den Abwrackwerften von Alang

Dieser Betrieb hat sich auf den Handel mit Drehbänken spezialisiert, Dutzende sind hier in langen Reihen aufgestellt.

So unterschiedlich wie die Herkunftsorte der Schiffe, die hier demontiert werden, ist auch der Ursprung der Drehbänke.

Sie kommen aus Russland, Korea, Japan, den USA und sogar der ehemaligen DDR.

Auf einigen Geräten entdecken wir Werkstattlampen der Marke "Midgard".

Antike Drehbänke und Bohrmaschinen bei den Abwrackwerften von Alang.

Auf dem Nachbargrundstück sind auch Drehbänke zu sehen, hier jedoch mischen sie sich mit allerlei Motoren und Maschinenteilen.

Drehbank in mitten von Schiffsschrott bei der Abwrackwerft Alang

Auch dieser Schubladenschrank stammt aus der DDR. Ein Blick auf´s Typenschild erklärt: "VEB Gothaer Metallwarenfabrik".

Der Verschrottungshof ist nicht sehr groß und umfasst ein Potpourri von Werkzeugen, Maschinen und Einrichtungsgegenständen weltweiter Herkunft.

Gewerbe- und Schrotthof bei den Abwrackwerften von Alang

Rechter Hand eine Anzahl Fässer, dahinter eine Reihe von Metallspinden. Die Spinde haben kein hohes Alter, stammen vermutlich aus den 90er, oder 00er Jahren.

rostige alte Fässer und Metallspinde bei den Abwrackwerften von Alang

Linker Hand ein Unterstand mit Kisten, Kupferspulen und reichlich alten Kabelbäumen, im hinteren Bereich wird verschrottet. 

Der Unterstand eines Schrottplatzes bei den Abwrackwerften von Alang.

Welche Verwendung diese teils riesigen Elektromotoren einst auf Schiffen hatten, ist für uns nicht rekonstruierbar, vermutlich trieben sie Kräne und Großgeräte an.

Wir begeistern uns für diese formschönen Schiffslampen, auch sie sind zur Verschrottung hier.

Die darin enthaltenen quecksilberhaltigen Leuchtmittel wurden im Laufe der Jahre immer mal gewechselt und sind mit Namen großer europäischer Konzerne versehen.

Sie machen deutlich, in Indien wird man noch Jahrzehnte damit befasst sein, die in der EU seit 2015 bei hohen Strafen verbotenen Leuchtmittel irgendwie los zu werden.

Schiffslampen lagern bis zu ihrer Verschrottung auf der Abwrackwerft Alang

Eine weitere Welle von Hinterlassenschaften aus Bemühungen um Effizienz und Umweltschutz in Europa haben einige der Ozeanriesen schon jetzt an Bord.

Hybridschiffe sind im Westen für niedrige Lärmemissionen und geringen Co2- Ausstoß bekannt.

Während in Deutschland noch die Umweltfolgen für die Erzeugerländer der dafür benötigten Rohstoffe (z.B. Lithium-Abbau) diskutiert werden, ist das Beseitigen von Batterie- Großspeichern in Alang bereits Alltag.

Werkzeugmarkt in der Nähe der Abwrackwerften von Alang in Bhavnagar

Wir setzen unseren Weg fort und betreten den "Bhavnagar VIP Market", eine Ansammlung von Handelsplätzen, in denen brauchbare Dinge aus den Schiffen erwerbbar sind.

Zunächst stöbern wir in den Beständen der "Safvan Traders", Werkzeuge aller Art werden hier bereitgehalten.

Holzkisten mit nautischen Instrumenten bei den Abwrackwerften von Alang.

Unsere Aufmerksamkeit erregt ein Regal mit alten Holzkisten.

Sie enthalten Beschriftungen aus vielen verschiedenen Ländern.

Seekisten aus aller Welt bei den Abwrackwerften von Alang

Augenscheinlich sind sie nach Größen sortiert.

längliche Kästen mit seefahrerischen Instrumenten bei der Abwrackwerft von Alang

Wir öffnen einige Kisten, diese ist mit "Bearing Feeler Gauges" gemarkt.  Darin lagern Entfernungsmesser, sie dienen zur Orientierung auf Seekarten.

Nautische Abstandsmesser von der Abwrackwerft in Alang

Eine weitere Kiste, sie kommt aus Russland, enthält einen nautischen Globus.

russischer nautischer Globus von den Abwrackwerften in Alang

Daneben eine Kiste aus England, auch darin werden nautische Instrumente verwahrt.

Holzkiste mit einem walkers cherub mark 3 Ship- Log aus Messing von der Abwrackwerft in Alang

Dieses Gerät hat intensive Nutzungsspuren und macht einen weitgereisten Eindruck.

walkers cherub mark 3 Ship Log von der Abwrackwerft in Alang Indien

Rasch wird klar, viele dieser Kisten enthalten Dinge, die im Westen als wertige Antiquitäten gelten. Natürlich ist der Preis dieser Gegenstände ein zentraler Faktor, wenn wir sie erwerben möchten.


Dabei ist es zielführend zu verstehen, vor welchem Hintergrund wir hier als Einkäufer wahrgenommen werden.

Dass „der Westen“ seinen giftigen Müll an den Strand Alangs kippt, und deren gefährliche Entsorgung Indien überlässt, wird hier oft als Affront betrachtet.

Dass der gleiche "Westen" anschließend Journalisten schickt, so die Wahrnehmung hier, um hiesige Arbeitsbedingungen in Presseberichten anzuklagen, gilt als bizarr und widersprüchlich.

So ist es keine gute Idee, den Preis der Kästen zu erfragen, um ihn durch Feilschen ins Bodenlose zu drücken. Dieser Versuch könnte Empörung auslösen.

Schnell käme die Meinung auf, wir wären dekadente Abenteurer, die sich an den hier entsorgten Dingen bereichern wollen.

Natürlich muss der Preis einer Ware diskutiert werden, darauf in Indien zu verzichten, wäre nicht vernünftig.

Es ist besser, den Eigner des Shops freundlich zu begrüßen und einige Worte in der Landesprache an ihn zu richten. Das öffnet Türen und gibt die Möglichkeit einander kennen zu lernen.

Wertschätzung gegenüber den Menschen und ihrer Waren sind eine gute Basis, um für alle Seiten zufriedenstellende Geschäfte zu tätigen.

alter rostiger Schiffsschrott von der Abwrackwerft in Alang, dahinter bunt bemalte indische Trucks beim Radwechsel

Begleiten Sie uns gern weiter in "Teil 4, Einkaufstour zu den Abwrackwerften von Alang (Indien)" über folgenden Link:

https://www.yesterday-industries.com/teil-4-einkaufstour-zu-den-abwrackwerften-von-alang-indien-fabriklampen-schubladenschraenke-einfach-alles-von-alten-schiffen

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