Lost Places und antike Möbel in Kalkutta

Yesterday Industries • 17. Februar 2024

Wir sind auf einem der zentralen Plätze in Esplanade, einem Stadtteil im Herzen der Megacity Kalkutta unterwegs.

zentraler Platz in Esplanada Kalkutta, Blick auf das alte Hotel Chowringhee

Millionen Menschen und Fahrzeuge queren diesen Platz jeden Tag.

gelbe alte Taxis im Kalkutta, im Hintergrund die Tipu Sultan Moschee

Hier stehen einige der interessantesten und schönsten Gebäude Südasiens.

Meist blicken sie dabei auf eine lange Historie zurück und werden noch in ihrer ursprünglichen Funktion genutzt.

Tipu Sultan Moschee in Kalkutta

Ein typisches Beispiel gibt die 1848 erbaute Tipu Sultan Moschee.

Sie ist ein weltweites Leuchtfeuer islamischer Architektur.

Blick über Esplanada in Kalkutta, Menschen steigen in einen alten Bus, dahinter  historisches Metro-Kino und Metropolitan Building

Einige Schritte weiter befindet sich das 1934 von Goldwyn-Mayer-Filmstudio erbaute Metro-Kino.

Kalkutta war zu dieser Zeit die wichtigste Stadt auf dem Subkontinent und namhafte Architekten aus aller Welt errichteten hier spektakuläre Bauten.

Metro-Kino in Kalkutta

Doch es ist auffallend, dass hier wie nahezu überall in Kalkutta, viele Gebäude ungenutzt sind.

Trotz der Tatsache, dass Kalkutta zu den Städten mit der weltweit höchsten Bevölkerungsdichte zählt, gibt es zahlreiche leerstehende Gebäude, und "Lost Places" lassen sich in allen Vierteln finden.

Lost Places, leer stehende Gebäude in Kalkutta

Nahe des großen Platzes steht ein Hochhaus, das seit längerer Zeit immer wieder mein Interesse weckt.

Das Gebäude verkörpert die Architektur der Sozialistischen Moderne in vollendeter Form.

Bürohaus in Kalkutta  im Stil der sozialistischen Moderne, davor ein bunter alter Bus

Es stammt vermutlich aus den 1960er Jahren. Würde man auf dem Gerüst das oberhalb der Fassade einen großen roten Stern anbringen, hätte es ebenso im alten Moskau oder Ostberlin stehen können.

Bürohaus in Kalkutta  im Stil der sozialistischen Moderne, im Vordergrund eine Ruine

Heute habe ich Gelegenheit, das Gebäude endlich einmal genauer zu erkunden.

Weg durch einen Hinterhof zum The Raneegunge Coal House in Kalkutta

Der Zugang zur Vorderseite des Gebäudes ist durch eine große Ruine versperrt, so kann man sich dem Haus nur von der Rückseite annähern.

Rückseite eines Bürohauses im Stil der sozialistischen Moderne in Kalkutta

Auf dem Hof parken einige Fahrzeuge und es sind vereinzelt Menschen zu sehen, das Gebäude selbst jedoch liegt still und verlassen.

Eingang zu einem alten Hochhaus in Kalkutta

Im Parterre hängen Briefkästen und endlich finde ich auch einen Hinweis auf die Bedeutung des Baues.

Auf einem Schild ist der Name des Haues geschrieben: "The Raneegunge Coal House."

In der Nähe von Kalkutta ist das Raniganj-Kohlefeld.

Bereits in den 1770er Jahren begann die British East India Company dort Steinkohle abzubauen.

War dies ein Verwaltungsgebäude des dortigen Bergbaues?

hölzerne Briefkästen in einem leerstehenden Bürohaus in Kalkutta

Auch das Treppenhaus liegt stumm und menschenleer.

Hier offenbaren sich eine ganze Reihe von charakterstarken Fotomotiven.

altes Treppenhaus in Kalkutta

Unwirklich, fast wie gemalt oder aus einem Computerspiel wirkt die Szenerie.

Schild mit 2nd, Floor in Kalkutta

In der dritten Etage beschließe ich, das Stockwerk näher zu erkunden.

Zugang zur dritten Etage eines alten Büro-Hochhaus und Kalkutta

Hell und kraftvoll dringt Licht durch große Fenster in die verlassenen Räume.

verlassene Räume in einem Lost Place in Kalkutta

Hier sind alte Büromöbel aus Metall zu finden.

Besonders gefällt mir dieser alte eiserne Klappenschrank mit schönen Beschriftungsfeldern und gerundeten Henkel-Griffen. 

antiker Klappenschrank aus Metall mit großen Beschriftungsfeldern

In großen Metallschränken türmen sich Aktenordner und Papier.

Klassische antike Büro- und Fabrikschränke in einem verlassenen Bürohaus in Kalkutta

Wenige Meter weiter treffe ich auf weitere Insignien klassischer Büro- und Fabrikkultur. Schöne alte Industrielampen sind hier zu finden. Sie sind grün und weiß emailliert.

Ich erreiche die achte Etage und erkunde auch diese genauer.

Etagenschild zum achten Stockwerk eines alten Bürohauses in Kalkutta

Hier steht eine lange Reihe alter Schreibtische. Sie sind älter als das Gebäude selbst, stammen aus den 1930er/40er Jahren.

lange Reihe alter Schreibtische aus den 1930er/40er Jahren in einem alten Hochhaus in Kalkutta

Ich öffne einen großen schwarzen Aktenschrank und stöbere ein wenig darin.

Auf diese Weise hoffe ich herauszufinden, wann das Gebäude in seiner Blüte stand.

großer historischer Aktenschrank in einem leerstehenden Bürohaus

Die meisten Papiere stammen aus den 1970er Jahren.

altes Papier aus den 1970er Jahren

Hinter einer Tür liegt ein ehemaliger Konferenzraum.

Hier steht eine Gruppe alter Bürostühle.

Sie sind fast alle mit klassischem Wiener Geflecht versehen.

Das Wiener Geflecht ist in Indien ebenso wie in ganz Südostasien weit verbreitet und viel öfter zu finden als in Europa.

ehemaliger Konferenzraum mit antiken Bürostühlen mit wiener geflecht

An der Wand stehen große alte Vitrinen-Schränke.  Auch sie scheinen älter zu sein, als das Gebäude selbst.

reihe großer antiker Vitrinenschränke

Die Vitrinen bieten, wie viele Möbel die hier zu finden sind, genug Substanz um restauriert zu werden, um als wundervolle Antiquitäten weitere 50 oder 100 Jahre ihren Dienst zu verrichten.

Sie bestehen aus Teakholz. Dieses ist von Härte, Langlebigkeit und Qualität mit dem europäischen Eichen- oder Buchenholz vergleichbar.

große alte Vitrinenschränke aus Teakholz
altes treppenhaus eines leerstehenden Bürokomplexes


Ich beschließe auch den Dachboden des Hauses zu erkunden, vermute dort weitere alte Möbel und antike Einrichtungsgegenstände zu finden. 

Auf dem Weg fallen mir einige dicke Kabel auf. Sie machen den Eindruck, als wären sie noch in Benutzung.

dicke schwarze Kabel an einer kabeltrasse

Und tatsächlich: die Tür zum Dachboden ist mit einem Vorhängeschloss gesichert.

Tür zum Dachboden eines alten Bürohauses in Kalkutta
altes Warnschild, rot, beschriftet mit

Ein großes Schild warnt vor dem Betreten der Räume, vermutlich ist auf dem Dach ein Mobilfunk-Mast installiert. 

Durch die alten staubigen Fenster bieten sich großartige Bilder der Stadt.

staubiges altes Fenster in einem leeren Bürohaus, im Vordergrund liegen alte Möbel und Gerümpel

Hier der Blick auf das ehemalige Kaufhaus Whiteway Laidlaw, das international unter dem Begriff  "Metropolitan Building (Kolkata)" berühmt ist und zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet wurde.

Obwohl seine Fassade restauriert wurde, scheint es in weiten Teilen leer zu stehen. 

blick von oben auf das Metropolitan Building Kalkutta

Hier wird eine weitere typische Eigenheit Kalkuttas sichtbar.

Viele Gebäude sind mit gepflegten, üppig bewachsenen Dachgärten versehen.

Weit oben, über den Dächern der Stadt ist die Luft angenehmer. Es ist weniger Lärm und Bewegung und stets weht ein leichter Wind.

seitlicher Blick über den New Market in Kalkutta

Mit einem Blick über den roten lang gestreckten Gebäudekomplex des Neuen Marktes (New Market) endet dieser Blogbeitrag.

Dieser Blog über Kalkutta wird in kommender Zeit an dieser Stelle fortgesetzt.

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